Kitsch

Kitsch

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Kitsch [kɪtʃ̮], der; -[e]s:
Kunstprodukt (besonders Gegenstand aus dem Bereich des Kunstgewerbes, Musikstück, Film o. Ä.), das in Inhalt und Form als geschmacklos und meist als sentimental empfunden wird:
die Bilder sind reiner Kitsch; die Andenkenläden sind voller Kitsch.
Syn.: Firlefanz (ugs. abwertend), Krimskrams (ugs.), Plunder (ugs.), Ramsch (ugs. abwertend), Schnickschnack (ugs., meist abwertend), Schund.

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Kịtsch 〈m.; -(e)s; unz.〉 dem Geschmack der breiten Masse angepasste, meist süßlich-sentimentale, der Wirklichkeit nicht entsprechende Scheinkunst ● das Buch, Theaterstück, Bild ist (großer) \Kitsch [Herkunft nicht geklärt; Deutungen: 1. <engl. sketch „Skizze“; 2. zu mundartl. kitschen „streichen, schmieren, zusammenscharren“]

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Kịtsch, der; -[e]s [wohl zu mundartl. veraltend kitschen = schmieren, eigtl. = Geschmiertes]:
aus einem bestimmten Kunstverständnis heraus als geschmacklos empfundenes Produkt der darstellenden Kunst, der Musik od. Literatur; geschmacklos gestalteter, aufgemachter Gebrauchsgegenstand:
literarischer, sentimentaler, religiöser K.;
der Film ist reiner K.;
sie hat allen möglichen K. herumstehen.

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Kitsch
 
[wohl zu mundartlich kitschen »streichen«, »schmieren«, »zusammenscharren«, also eigentlich »Geschmiertes«], ein Begriff, der nach 1870 im Münchner Kunsthandel auftauchte, als sich die Nachfrage nach billigen, sentimentalen, »soßig braunen« Modebildern häufte. Der Begriff Kitsch enthält insbesondere dann, wenn er von »Kunst« abgegrenzt wird, eine negative Wertaussage. Seit den 20er-Jahren tritt er damit auch in der Funktion auf, jeweils anerkannte »hohe« Kunst (bildende Kunst, Literatur und Musik) von Trivial-, Massen- und Modekunst abzusetzen. Während in der älteren Forschung v. a. anthropologische Betrachtungsweisen Kitsch als Ausdruck einer bestimmten Welthaltung und bestimmter Charaktereigenschaften ansahen (unreflektierter Genuss von Stimmungen, passive Aufnahme der Welt ohne eigenen Gestaltungswillen, Hang zur bequemen Wunscherfüllung), bemühten sich literatur- und kunstwissenschaftlich ausgerichtete Betrachtungen darum, formale und wirkungsästhetische Eigenschaften des Kitsches herauszuarbeiten. Diese Versuche waren v. a. darauf ausgerichtet, Kunst von Kitsch abzusetzen, blieben aber gerade bei der Bestimmung der jeweils typischen Merkmale eine deutliche Grenzziehung schuldig. Die hieran anschließende stärker soziologisch orientierte Betrachtung berücksichtigte auch die Produktionsbedingungen von Kitsch, so Abraham A. Moles (* 1920, ✝ 1992), der Kitsch als »Kunst« der Mittelklasse in einer Überflussgesellschaft bestimmte, während, basierend auf der marxschen Warenanalyse, in gesellschaftskritischen Versuchen Kitsch als Ware besonderer Art (Gefühl als Ware) aufgefasst wurde. Im Anschluss an das (Ende der 60er-Jahre einsetzende) Interesse an Massen- und populärer Kultur sowie in der Folge der gleichzeitig beginnenden sozialhistorischen und ideologiekritischen Betrachtungen der tradierten normativen Kunstvorstellung gehen gegenwärtige Kitschbestimmungen von einer Verbindung sozialhistorischer und semiotischer Ansätze aus. Kitsch wird damit wie andere artifizielle Produkte als »Botschaft« verstanden, deren besonderer Charakter in einer v. a. auf die Gefühle zielenden harmonisierenden und affirmativen Objektgestaltung und Rezipientenansprache besteht, die aber gleichermaßen in ihrer konkreten Ausgestaltung von sozialhistorischen, psychologischen und ästhetischen Rahmenbedingungen der jeweiligen Kommunikationssituation bestimmt wird. Kitsch tritt in dem Maße in Erscheinung, in dem sich (seit dem 18. Jahrhundert) einerseits ästhetisch-künstlerisch »anspruchsvolle« Kodes verfestigen und im Zuge der Verbreitung formaler Bildung und bürgerlicher Wertvorstellungen auch auf andere soziale Gruppen und Schichten übergreifen und andererseits eine auf einen Markt orientierte Produktion künstlerischer Produkte zunimmt. Entsprechend der Ausbildung eines auf »hohe« Kunst bezogenen Kanons und der Ausdehnung des Kunstmarktes entsteht die Bezeichnung Kitsch zum einen für das aus diesem Kanon Auszugrenzende, zum anderen für das, was durch das Ansprechen »schöner« Gefühle ausschließlich dem Markt- und Konsuminteresse dient. Kitsch bezeichnet nun jenen Gebrauch von Mitteln, Formen und Inhalten, durch den bereits Etabliertes zur jeweiligen »gefühlskräftigen« Affirmation und Vervielfältigung eines bereits vorhandenen Harmoniebedürfnisses eingesetzt wird.
 
Die Definition von Kitsch ist damit an die Möglichkeit einer Definition von »hoher« Kunst gekoppelt. Jedoch fördern gerade jüngste Tendenzen, die einerseits die Marktmechanismen in Richtung auf eine Kulturindustrie universalisierten und andererseits die tradierten Kodifizierungen infrage stellen (Museumswürdigkeit des Kitsches; intellektuelle Vorlieben für Kitsch), nicht nur eine zunehmende Verbreitung von Kitsch, sondern machen auch den Gebrauch des Wortes Kitsch in seinem historisch bestimmten Sinn (Unterscheidung zu Kunst) fast unmöglich. Daneben wird auch der Standpunkt vertreten, dass die der »hohen« Kunst zugeschriebenen Wirkungen wie Anstöße zur Reflexion, Erschütterung, Erheiterung und sogar (Selbst-)Erkenntnisprozesse ebenso von Kitsch ausgehen können (U. Eco).
 
 
L. Giesz: Phänomenologie des K. (21971);
 A. A. Moles: Psychologie des K. (a. d. Frz., 1972);
 
Dt. K., hg. v. W. Killy (81978);
 
Literar. K., hg. v. J. Schulte-Sasse (1979);
 W. F. Haug: Kritik der Warenästhetik (81983);
 
K., soziale u. polit. Aspekte einer Geschmacksfrage, hg. v. H. Pross (1985);
 K. Deschner: K. Konvention u. Kunst. Eine literar. Streitschrift (Neuausg. 13.-15. Tsd. 1987);
 U. Eco: Apokalyptiker u. Integrierte. Zur krit. Kritik der Massenkultur (aus dem Ital., Neuausg. 5.-8. Tsd. 1987);
 G. Fuller: K. art. Wie K. zur Kunst wird (1992);
 K. Rosenkranz: Ästhetik des Hässlichen (21996).

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1Kịtsch, die; -, -en [eigtl. = Körnchen, Kleinigkeit, mhd. (md.) kīt = Keim, ahd. kīdi] (rhein.): Kerngehäuse.
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2Kịtsch, der; -[e]s [wohl zu mundartl. veraltend kitschen = schmieren, eigtl. = Geschmiertes]: aus einem bestimmten Kunstverständnis heraus als geschmacklos empfundenes Produkt der darstellenden Kunst, der Musik od. Literatur; geschmacklos gestalteter, aufgemachter Gebrauchsgegenstand: literarischer, sentimentaler, religiöser K.; der Film ist reiner K.; er hat allen möglichen K. herumstehen; Doch trugen weder die Darstellerführung noch die bildnerische Fantasie stets über ... Untiefen des -s hinweg (Orchester 5, 1983, 474); Da ja meine Vorliebe für K. bekannt ist, möchte ich diesen auch ganz betont als Stilmittel einsetzen (Praunheim, Sex 249); die Grenze zwischen Kunst und K. ist oft fließend.

Universal-Lexikon. 2012.

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